Die universalen Rechte auf Poesie 🇩🇪

«Tutti gli usi della parola a tutti : mi sembra un buon motto, dal bel suono democratico. Non perché tutti siano artisti, ma perché nessuno sia schiavo.»
(Gianni Rodari)
«En dépit de l’opinion commune, la poésie est le genre le plus facile, le plus ouvert.»
(Denis Roche)
«Most people ignore most poetry, because most poetry ignores most people.»
(Adrian Mitchell)

 

Die universalen Rechte auf Poesie

Jeder Mensch hat das Recht als Dichter anerkannt zu werden, da jedes sprechende menschliche Wesen über einen poetischen Bezug zur Sprache verfügt. Keine Institution, keine Vereinigung von selbsternannten oder kooptierten Dichtern kann diesen Titel jemandem verweigern, der ihn gerne haben möchte.

Jeder Mensch hat das Recht, mit Poesie als der literarischen Gattung Erfahrungen zu machen, die sehr einfach, sehr offen und damit sehr demokratisch ist. Die gelehrten Ausführungen über die Poesie, so interessant und notwendig sie auch sein mögen, dürfen nicht dazu verleiten, die Poesie einer Elite vorzubehalten.

Jeder Mensch hat das Recht selbst zu beurteilen, was Poesie ist und was sie nicht ist für ihn, denn ein Text wird nur dann zur Poesie, wenn er als solche gelesen wird.

Jeder Mensch hat das Recht, die Poesie auf freie und kreative Weise lesen zu lernen. Ein Gedicht kann leise oder laut, allein oder zu mehreren, ganz oder nur teilweise gelesen werden, es kann gesungen, bebildert, nachgeahmt, verändert oder noch einmal abgeschrieben werden… Das Lesen eines Gedichts ist ebenso kreativ wie das Schreiben und allein der Leser entscheidet, wie er das Gedicht interpretieren will.

Jeder Mensch hat das Recht auf den kostenlosen Zugang zur Poesie mit ganz unterschiedlichen Angeboten: in Bibliotheken, auf Plakaten, bei öffentlichen Lesungen (direkt oder übertragen), im Internet u.s.w.

Jeder Mensch hat das Recht auf den Zugang zum poetischen Erbe seiner Sprache oder seiner Herkunftssprache und insbesondere auf den Zugang zum Schatz an volkstümlicher Poesie, einem der wesentlichen Elemente einer gemeinsamen Kultur.

Jeder Mensch hat das Recht, das poetische Erbe aller Kulturen kennen zu lernen, da in allen Sprachen die Poesie das Sprachrohr jeglicher menschlicher Erfahrung ist. Daher müssen die lokalen, nationalen und internationalen kulturellen Institutionen den Austausch, die Begegnungen, die Übersetzung und die Verbreitung der Poesie in allen Sprachen fördern.

Jeder Mensch hat das Recht, mit dem poetischen Schreiben vertraut zu werden im Rahmen einer Pädagogik, die keine Modelle aufzwingt, sondern jedem dabei hilft, seine ganz persönliche poetische Stimme zu finden.

Jeder Mensch hat das Recht, die poetischen Ressourcen der Sprache kennen zu lernen und zu nutzen außerhalb von Gedichten – sowohl mündlich als auch schriftlich – , zum Beispiel in der narrativen Prosa, in dramatischen Texten, in Werbetexten, in Liedern, in politischen Reden u.s.w.

Jeder Mensch hat das Recht, sich der Poesie zu verweigern, sie zu kritisieren oder zu verspotten unter der einzigen Bedingung, dabei all diejenigen voll und ganz zu respektieren, die seine Meinung nicht teilen.

Die Illustration der universellen Rechte auf Poesie (
auf Italienisch) ist das Werk von Francesca Ballarini.